LB 49 Saudi-Arabien

Saudi-Arabiens Gesellschaft befindet sich in einem Umbruch. Vor allem Frauen erleben eine ganz neue Freiheit. Die strenge Religionspolizei, die in den vergangenen Jahren immer wieder brutal gegen vermeintliche Sittenwidrigkeiten vorging, ist weitgehend von den Straßen verschwunden. Frauen dürfen Auto fahren und ohne die Erlaubnis eines männlichen Vormunds ins Ausland reisen. Kinos und Popkonzerte sind nicht mehr verboten und bei Großveranstaltungen sitzen Männer neben Frauen auf den Tribünen.

Im Rahmen seines Reformprogramms, der „Vision 2030“, treibt Kronprinz Mohammed bin Salman eine radikale Modernisierung und Liberalisierung des Landes voran. In öffentlichen Auftritten propagiert er die Rückkehr zu einem moderaten Islam. Damit gerät er in Konflikt mit konservativen Rechtsgelehrten. Insbesondere bei der jungen Bevölkerung – rund 40 Prozent der Saudis sind unter 25 Jahre alt – kommt aber die Liberalisierung gut an.

Der Modernisierungsplan ist Teil einer bewussten Imagestrategie des Königreichs, dessen wirtschaftliche Zukunft von der Frage abhängt, ob es sich vom Ölgeschäft unabhängig machen und auf internationalen Märkten bestehen kann. Im Rahmen der Wirtschaftsreformen wird auch der Arbeitsmarkt neu geregelt. Quoten für Einheimische sollen dafür sorgen, dass mehr Saudis eine geregelte Arbeit aufnehmen. Experten sehen in den gesellschaftlichen Liberalisierungen auch ein Mittel, damit junge Leute angesichts der wirtschaftlichen Reformen nicht aufbegehren.

Die vom Kronprinz eisern verfolgte Reformlinie hat auch ihre Schattenseiten. Nicht zuletzt die Ermordung des regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi im Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul zeigt, dass das Königreich brutal gegen Kritikerinnen und Kritiker vorgeht. Menschenrechtsaktivisten und Regierungskritiker werden weiterhin eingesperrt, misshandelt, umgebracht.

Die Situation religiöser Minderheiten im Land bleibt nach wie vor äußerst angespannt. Zwar kommt es mit dem Machtverlust der Religionspolizei seltener vor, dass Christen und Angehörige anderer Religionsgemeinschaften, die sich zum Gebet versammeln, drangsaliert, verhört und verhaftet werden. Dennoch sind sämtliche nichtmuslimische Religionsgemeinschaften wie auch die schiitische Minderheit im Land von Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung betroffen. Der Wahhabismus als besonders radikale und traditionalistische Auslegung des Islam wird vom Staat propagiert; Koran und Sunna, das heißt die Überlieferung der Worte und Taten des Propheten, gelten als Verfassung und sind Grundlage der Rechtsprechung. Nichtislamische religiöse Symbole und Positionen sind in der Öffentlichkeit streng verboten, islamkritische Äußerungen können mit drakonischen Strafen belegt werden.

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Artikel-Nr. 0600557
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